1996 – Januar – der 18. in Lübeck
1996. Januar. Helmut Kohl befindet sich im 14. Jahr seiner Kanzlerschaft und weiß noch nicht, dass die zweidreiviertel Jahre später enden wird. Im sechsten Jahr nach der Wiedervereinigung ist Deutschland mit dem „Aufbau-Ost“ beschäftigt, die Euphorie der „blühenden Landschaften“ ist längst der harten Realität gewichen. Michael Schuhmacher testet erstmals auf Ferrari und hofft auf noch viele Weltmeistertitel. Das ehemalige Jugoslawien befindet sich im fünften Jahr seines Bürgerkrieges und im Rahmen der „NATO-IFOR-Friedenstruppen“ sind dort auch deutsche Soldaten im Einsatz. Viele Menschen flüchten, nicht nur vom Balkan, auch aus den ewigen afrikanischen Krisengebieten. Seit dem Ausbruch der Jugoslawienkriege haben in den vier Jahren 1992 bis 1995 insgesamt knapp eine Millionen Menschen in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Die einen aus Angst um ihr Leben, andere um ihre persönliche Lebenssituation zu verbessern. Der Begriff „Wirtschaftsflüchtlinge“ macht die Runde, die Stimmung ist „gereizt“, rechts-nationalistische Parteien erstarken und deren Mandatsträger sitzen in manch einem Länderparlament.
So haben vielleicht viele von uns den Januar vor 20 Jahren in Erinnerung. In Lübeck und um Lübeck herum erinnern sich aber noch viele besonders an den 18. Januar 1996 – und sicherlich noch einige andere mehr: Es brennt ein Haus in der Lübecker Hafenstraße. Zehn Menschen sterben, darunter sieben Kinder. 38 Menschen werden teilweise schwer verletzt. Es sind Asylbewerber aus Afrika und Arabien.
Susanne Peyronnet ist vor 20 Jahren als LN-Redakteurin vor Ort. In einem Video (4:20) schildert sie heute in eindrucksvoller Weise ihre Erlebnisse zu den Originalbildern von damals (das Bild ist mit dem LN-Artikel verlinkt).
„Es war ein Brandanschlag, bei dem zehn Menschen starben. Die Täter wurden nie gefasst. Jetzt lässt das Totalversagen der Sicherheitsbehörden bei der Aufklärung des NSU-Terrors auch diesen Fall in einem neuen Licht erscheinen.“ So überschreibt Wolf Dieter Vogel 2013 einen Artikel in der ZEIT (das Bild ist damit verlinkt). Wer mehr zu den Hintergründen wissen möchte, dem kann ich diesen Artikel empfehlen. Von Vogel stammt auch das Buch „Der Lübecker Brandanschlag – Fakten, Fragen, Parallelen zu einem Justizskandal“, erschienen 2001 im Berliner Espresso Verlag.
Ich erinnere mich immer noch gut, wie nicht nur meine Lübecker Freunde seinerzeit von einer „schlampigen Arbeit der Ermittlungsbehörden“ sprachen. Wie auch immer, heute bleibt es nur der Opfer zu gedenken und alles dafür zu tun, dass sich so etwas nie wiederholt.
Angesicht solcher Artikel – ZEIT vom 3. Dez. 2015 (Bild ist verlinkt) – hoffe ich, dass nicht nur der Wunsch der Vater des Gedanken ist.
Noch ein Bild von heute, Scharbeutz, minus 1 Grad, aber in der Sonne ganz angenehm!
Nr. 400 ^.^
Das war ein sehr tragisches Ereignis vor 20 Jahren und Polizei bzw. die Staatsanwaltschaft haben sich damals wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. So bleibt – bis heute – ein bitterer Beigeschmack.
Auch der NDR hat sich heute dem Brandanschlag 1996 angenommen:
http://www.ndr.de/kultur/geschichte/Brandkatastrophe-Das-laesst-mich-nicht-mehr-los,brandanschlag428.html
Persönlich ist mir ganz besonders das Bild von dem damaligen Lübecker Bürgermeister Bouteiller in Erinnerung geblieben, wie er eine gerettete Frau im Arm haltend versuchte zu trösten und beide weinten.
Eine ganz traurige Geschichte – und auch ich wünsche mir, hoffe, dass dergleichen nie wieder passieren wird.
Es grüßt der Albert aus SH
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Moin, danke für den Link, ich werde es mir zuhause anschauen, hier über mein Handy in der Wallachei in Middelburg ist es schlecht 👎 möglich 😞 Viele Grüße
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