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Pause – ab ins Sommerloch

1. Juli 2018

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Pause. Wir verabschieden uns für die nächste Zeit. Da geht’s lang, ein deutlicher Fingerzeig der Lüdden: Ab ins Sommerloch, in die blogfreie Zone. Wie jedes Jahr: Sommer heißt PC & Internet auf Sparflamme. -> Sommer & Pause im Fotoblog

Nach den ereignisreichen letzten Tagen mit fragwürdigen Formelkompromissen ist das gut so.

Manchmal treibt mich heute die Vorstellung um, dass mein Enkelkind mich fragt: „Du, wie war das damals, als es ein freies, tolerantes Europa ohne Grenzen gab?“ Antworten auf ähnliche Fragen hätte ich auch gerne von meinem Großvater gehabt: „Wie war das 1932/33? Warum haben bei euch in Pommern (heute Polen) 90 Prozent die NSDAP gewählt? Was hast du dagegen getan? Oder warst du auch dafür?“ Aber das Thema war tabu!

Vorgestern in den Spätnachrichten sagte die Sprecherin diesen Satz: „Die EU hat Beschlüsse gefasst, die so vor Monaten noch nicht vorstellbar waren.“ Ja, dachte ich mir. Das ist die sprachliche Kunst, sich eindeutig zweideutig auszudrücken. Viele konnten sich nicht vorstellen, dass die EU zum Asyl-Thema überhaupt Beschlüsse fasst. Doch sie kann – für den Preis der „Orbanisierung“, wie es neudeutsch heißt – was sich viele wiederum so auch nicht vorstellen konnten.

Die Ev. Kirche drückt sich (aus) wie immer: „Es ist ein Gebot christlicher Nächstenliebe, … bla bla bla. Migrations- und Flüchtlingspolitik darf den Schutz von Menschen in Not nicht gegen die berechtigten Sorgen der aufnehmenden Gesellschaften ausspielen. Bla bla bla.“

Der Journalist Peter Huth von der WELT nennt das: „Wir sehen zu, wie Europa einen würdelosen Tod stirbt.“ – und Thomas Kirchner schreibt in der SZ: „Vor lauter Uneinigkeit bleibt nur der kleinste gemeinsame Nenner: ‚Schutz der Außengrenze‘, dicht machen. Wer nicht will, dass Europa zu einer Festung wird, könnte seine Stimme erheben. Aber es ist still. Man hört nur die anderen.“

Nein, ganz so still ist es nicht. Zumindest in den Medien gibt es auch einige mahnende Stimmen, bspw. Kirchners SZ-Kollegen Stefan Braun: „Bei alldem wirkt das Gerede aus Bayern, man müsse den Rechtsstaat wieder vom Kopf auf die Füße stellen, besonders vergiftend. Diese Sprüche ähneln so sehr der AfD-Rhetorik, dass man sich fragen muss, was die CSU als Nächstes loslässt.“ – und Jagoda Marinić, die aufruft: „Die Mehrheit im Land muss jetzt ihre Stimme erheben! Die allermeisten Menschen in Deutschland wollen die freiheitliche Demokratie bewahren. Sie müssen lauter werden, damit deutlich wird: Es gab nie ein freieres, toleranteres, offeneres Deutschland als das von 2018.“

Heute übernimmt Österreich die EU-Ratspräsidentschaft und der Schwerpunkt von Kurz & Co. scheint klar zu sein. Kritiker warnen vor den Folgen für die EU. SPON zitiert Armin Thurnher, Herausgeber des Wiener Falter: „Der Beginn der österreichischen Ratspräsidentschaft könne als Signal zur offiziellen Beendigung der EU verstanden werden. Zumindest der EU, wie wir sie kannten. Es würde das Europa der Vaterländer kommen.“ Das ist eine Formulierung, die es auch in der deutschen Politik gibt – von der AfD und der CSU. „Servus Europa“ – schreibt SPON.

Servus: Wieder diese Zweideutigkeit. Wie „Das kalte Herz der Union“. Welcher? Jede Antwort könnte in diesem Fall richtig sein ….

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Es gibt also jetzt im Sommer 2018 die mahnenden Stimmen. Stimmen die vor dem warnen, was kommen könnte. Das war 1932/33 wahrscheinlich nicht so. Wenn mich später mein Enkelkind mal fragen sollte: „Was hast du 2018/19 gegen die Nationalisierung von Europa getan?“ kann ich nur antworten: „Ich habe gemahnt, habe mahnenden Stimmen gesammelt und publiziert.“ Ob sie sich mit dem (wenigen) zufrieden geben würde?

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13 Kommentare leave one →
  1. 1. Juli 2018 09:44

    Viel Spaß 🤡 im Sommerloch und genießt die Zeit 😎
    Erich Kästner hat sicher recht, denn er hat die Zeit damals selbst erlebt, spricht aus Erfahrung.
    Zweifel sind jedoch angebracht, ob die 20er/30er-Jahre mit den heutigen vergleichbar sind? Zwar ist seit Jahren europaweit ein Abdriften der konservativen Mitte nach rechts zu beobachten, die Gründe dafür liegen jedoch größtenteils in der Migrationspolitik und die ist von großer Unkenntnis in der Bevölkerung geprägt. Dazu tragen oft genug Politiker bei, die in populistischer Weise „alternative Fakten“ vortragen und so ein Bild zeichnen, welches nicht der Realität entspricht.
    Aufgabe der „Vierten Gewalt“ ist es – und die Qualitätsmedien versuchen der gerecht zu werden – aufzuklären und die „realen Fakten“ zu benennen. Doch selbst wenn ihr das den Vorwurf der „Lügenpresse“ einbringt: Ein Fakt ist immer real und kann nie alternativ sein!
    Die „Vierte Gewalt“ ist ein Regulativ in der Demokratie – so sie denn frei – im Sinne von überparteilich – agieren darf. Leider trifft das nicht überall zu. 🤬 Von „türkischen Verhältnissen“ sind wir jedoch weit entfernt. Das unterscheidet uns von den 20er/30er-Jahren.
    Dennoch ist es immens wichtig an die Vergangenheit zu erinnern und sie denen zu erklären, die sie sich so heute nicht vorstellen können. Lass uns weiter daran arbeiten. Dann wird dir dein Enkelkind auch nie „die Frage“ stellen 🤩
    Bis bald 🍻

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    • Albert SH permalink
      2. Juli 2018 14:26

      Widerspruch Euer Ehren:
      1. Die 20er sind mit heute vergleichbar, denn in der Zeit gab es noch eine Pressevielfalt, die erst mit und von den Nazis abgeschafft wurde. Genau das meint Kästner mit „Man darf nicht warten, bis aus einem Schneeball eine Lawine geworden ist.
      2. Die Pressefreiheit in Europa ist heute bereits in der Türkei quasi nicht mehr vorhanden und in Polen, Ungarn und der Slowakei eingeschränkt. Dazu kommen Stimmen von den neuen nationalistischen Regierungen aus Österreich und Italien, Journalisten enger an die Kandare nehmen – zumindest die öffentlich-rechtlichen.
      3. Es sind nicht nur Politiker, die „alternative Fakten“ von sich geben. Ebenso Journalisten, die wenig bis keine Ahnung vom Background des Themas haben, über das sie schreiben. Zahlen werden uninterpretiert in den Raum gestellt und so werden Eindrücke erweckt, vielleicht ungewollt, die der Sache nicht gerecht werden.
      Beispiel: „Mehr illegale Zuwanderer in Schleswig-Holstein“ – http://www.kn-online.de/Nachrichten/Politik/Im-Asylstreit-spielt-die-Grenze-zu-Daenemark-bisher-keine-Rolle
      Mehr als wann? Was ist mit den zwei Drittel, die sich nicht in Neumünster beim Landesamt für Ausländerangelegenheiten zu melden? Nein, so ein Zusammenschreiben von Zahlen ist für mich alles andere, aber kein Qualitätsjournalismus.
      4. In Medienberichten heißt es: Tausende Abschiebungen aus Deutschland sind seit Jahresbeginn nicht durchgesetzt worden – weil die Abzuschiebenden nicht angetroffen wurden. Suggeriert wird ein Staatsversagen. Das ist es jedoch nicht, weil die Menschen wegen der drohenden Abschiebung in der Illegalität untergetaucht sind. Das bedeutet somit auch, dass sie vom Staat keine Leistungen mehr beziehen. Sie leben dann europaweit irgendwo von irgendwas. Niemand weiß, wie viele Menschen heute in Europa illegal leben. Schätzungen nach sind es ein paar Millionen. Achtung: Das ist kein Phänomen seit 2015, das wurde schon in den 90ern festgestellt. 90er? Die Älteren erinnern sich.

      So viel wollte ich nicht schreiben – aber das passiert immer, wenn ich mich ereifere.
      Zurück zu Kästner: „Man muss den rollenden Schneeball zertreten.“ Er fängt gerade an zu rollen!
      Albert aus SH

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  2. 1. Juli 2018 12:29

    Ich wünsche Dir eine schöne Zeit. Erhol Dich gut. 🙂

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    • 25. August 2018 09:44

      Moin. Danke. Die letzten Wochen waren schön … warm, erholsam … und nun ist der Alltag wieder da.
      Wir lesen uns, bis später 😉

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  3. 1. Juli 2018 12:55

    Beste Grüße und einen schönen Sommer!

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    • 25. August 2018 09:45

      Moin. Danke. Ich grüße zurück. Und an den Sommer 2018 werden wir wohl noch lange denken 😉
      Bis denne …

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  4. 2. Juli 2018 11:24

    Uiiii… Hab diesen Beitrag gerade erst in meiner Post entdeckt und wünsche dir eine super schöne Zeit mit unzähligen schönen und glücklichen Momenten lieber Sven!
    Das Foto Opa mit Enkelin ist so schön… sagt so viel aus🌞 und Erich Kästner’s Worte auch Volltreffer!
    Liebs Grüßle von Hanne und bis bald wieder… in alter Frische🌻🍀

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    • 25. August 2018 09:47

      Moin Hanne. Ja, wir hatten viel Spaß und das Wetter, der Sommer … oh ha, wir werden noch lange dran denken.
      Grüße aus Scharbeutz

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  5. Albert SH permalink
    2. Juli 2018 14:28

    Nach meiner Ereiferung über den ersten Kommentar …
    wünsche ich einen schönen Sommer und viel Spaß mit der Enkelin.

    Gefällt 2 Personen

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