Hör mol’n beten to
Moin. Ihr kennt das vielleicht: Manchmal sitzt man irgendwo und nebenan telefoniert jemand so, dass man gar nicht umhin kommt, vieles mitzuhören. So gestern. Bilderbuchwetter. Also raus und ein paar Bilder machen -> Fotoblog. Auf dem Rückweg sehe ich eine freie Bank. Pause. Beine hoch und den Ausblick genießen. Mann gönnt sich ja sonst nix 😉
Auf der benachbarten Bank sitzt eine junge Frau. Und telefoniert. Gestenreich, es klingt mir ziemlich emotional. Sie spricht mit Akzent. Osteuropäisch? Irgendwie jedenfalls aus der Richtung. Ich will gar nicht zuhören, warum auch? Dennoch registriert mein Brägen Wortfetzen. So wie bei einer Überwachungssoftware, die bei bestimmten Begriffen Alarm schlägt.
„Putin is’n Arsch! Ein Mörder!“
Mein Brägen lässt meinen Kopf zustimmend nicken. Ich ertappe mich dabei, doch genauer hinzuhören, als ich es eigentlich will.
„Melnyk is genauso’n Arsch! Der will, dass die Nato mit Krieg macht. Gestern war der im Fernsehen und hat gesagt: Alle Menschen die sterben, werden sterben, weil die Nato nicht hilft.“
Na ja, denke ich mir bei diesen Worten, wenn die NATO tatsächlich eingreifen würde, und sei es nur um über der Ukraine den Luftraum zu überwachen, wäre die NATO, sprich auch Deutschland, eine Kriegspartei. Was dann passieren würde, weiß wohl niemand. Immerhin stünden sich dann die beiden größten Atommächte gegenüber …. NEIN MEIER, DAS WILLST DU NICHT!
Als wenn die Frau meinen Gedanken gehört hat, empört sie sich:
„Ich will keinen Krieg hier. Ich bin froh in Deutschland zu sein und will nur in Frieden leben. Wenn Putin Raketen auf Deutschland schießt, haben wir hier auch Krieg. Ich will das nicht.“
Ich bin dann gegangen. Was die junge Frau in ihr Telefon gesprochen hat, zeugt von dem ganzen Dilemma, in dem wir uns zurzeit befinden. Wir, damit meine ich uns in Deutschland gleichermaßen wie die EU und die NATO. Das ist jetzt keine Zeit für (politische) Brauseköppe, sondern es gilt einen kühlen Kopf zu bewahren und unsere Regierungen müssen auch den sozialen Frieden achten. Aber auch das geht mir auf dem Nachhauseweg durch den Kopf: Wir haben zurzeit zwei Krisen und dem fiesen Virus ist jeder Krieg egal. Bei uns in SH ist die Corona-Inzidenz in den letzten 7 Tagen von rund 900 auf wieder über 1.000 gestiegen. Vor 3 Wochen waren wir schon mal runter auf unter 800. Kann es sein, dass wir im Moment zu unachtsam werden, weil der Krieg das Virus so ein bisschen aus unserem Bewusstsein verdrängt? Oder liegt es an den zunehmenden Lockerungen?
Das noch, diesen Link hat mir heute Morgen ein Freund zugeschickt und den möchte ich euch nicht vorenthalten:
Russland verstehen – von Marina Weisband
Es ist ihr lesenswerter Versuch, aus ihrer „sowjetisch-russischsprachig-ukrainisch-jüdischen Perspektive Russland zu erklären“ (TM). Weiter schreibt sie: „Vorausgeschickt sei, dass ich die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen habe und das bestimmt nur ein Blickwinkel ist.“
Mich erinnert das an mein Studium, Fach Soziologie, ein Schwerpunktthema waren die Russlanddeutschen. Anmerkung: Verstehen, im Sinne von empathisch sein, hat nichts mit Billigung zu tun. Aber zu verstehen, wie mein Gegenüber tickt, kann durchaus ein Vorteil sein. Denn schon mein Oppa wusste: Andere Länder, andere Sitten. Also:
Hör mol’n beten to, wat he un se so seggt. Der Blickwinkel unseres Nachbarn, ok, auch der der Nachbarin, muss nicht immer der verkehrteste sein. 😉

887 [Inhaltsverzeichnis Sven Meier erzählt | Fotoblog]
Moin, lieber Sven,
was für ein Bilderbuchwetter auch heute.
Danke für den Link, da schauen wir gleich hinein. Toll, wie du das Problem in eine kleine Geschichte verpackt hast 👍
Mit lieben Grüßen vom sonnigen Meer
The Fab Four of Cley
🙂 🙂 🙂 🙂
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Moin Klausbernd.
Asche auf mein Haupt: Ich bin bei dir, bei euch, noch nicht zum antworten gekommen. Gelesen habe ich schon mal, aber noch nicht alles. Der „alte Mann“ hier in Ostholstein braucht etwas länger 😉 Und im Zweifelsfall hockt er am Meer 😉
Aber schon mal viele Grüße zu euch nach Norfolk, wir lesen uns!
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Wir erwarten dich freudig. Übrigens der Link war toll, wenn auch die Frau bei der Piratenpartei war, die Totengräber der freien Künstler.
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War. Sie ist ja lernfähig (gewesen) *grins*
Ja, wir lesen uns, nun werde ich aber erstmal die Kids in meiner Schule bei den Hausaufgaben „bespaßen“.
Ich sag’s ja, „Rentner haben nie Zeit“ 😉
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Genau, ich weiß gar nicht, wie ich damals mein Leben mit Arbeit geschafft habe.
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Normalerweise hasse ich es ja, wenn ich ungefragt Telefonate mitbekomme. Manchmal kann ich mir dann eine Bemerkung auch nicht verkneifen. Den Artikel lese ich mir später durch. Ich muss nebenbei auch noch ein bisschen was arbeiten.
Was das fiese Virus angeht, sind wir nach wie vor sehr vorsichtig und auch achtsam. Ich muss mich eh öfter testen, wenn ich ins Büro muss und da sind auch die Masken nach wie vor Pflicht. Mit den Lockerungen halte ich es wie schon die ganze Zeit: Ich muss nicht alles machen, was erlaubt ist.
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Moin.
Ja, vergnügungssteuerpflichtig ist das wahrlich nicht, wenn Leute da sitzen und sich lauthals in Belanglosigkeiten ergeben. Ich kann dann schöne mal böse in dir Richtung schauen – und ich kann richtig böse gucken 😉
Testen muss ich mich allein wegen meines Jobs bei der Lebenshilfe auch regelmäßig. Und ich stimme dir zu: Alles was erlaubt ist, muss man nicht machen. Ich denke. wenn in der Schule, einer meiner Einsatzorte, demnächst die Maskenpflicht entfällt – habe zumindest gehört, dass das so kommen soll – werde ich im Klassenraum wohl besser doch noch „oben mit“ statt „oben ohne“ rumlaufen.
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Wir haben 3 Krisen! Auch unser Klima befindet sich nach wie vor im Krisenmodus und wenn wir jetzt nicht höllisch aufpassen, wird es kollabieren. Darum müssen wir jetzt massiv in die erneuerbaren Energien gehen um 1. unsere Klimaziele auch wirklich zu erreichen, und 2. uns von russischen Energien abhängig zu machen!
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Moin. Ja mein Gutster, du hast ja mal wieder recht. Aber Klima läuft so nebenbei, das ist ja immer 😉
Nee, Spaß beiseite. Ich habe gelernt, aus jeder Situation, und mag sie noch so bescheiden sein, zu versuchen das Beste zu machen. Wenn wir jetzt nicht kapiert haben, wie wichtig eine möglichst autarke Energieversorgung ist, dann weiß ich auch nicht. Und wenn wir jetzt nicht Schluss machen mit der deutschen Schlafmützigkeit und Klagefreudigkeit, dann weiß ich erst recht nicht. Es kann nicht sein, dass Genehmigungsverfahren Jahre dauern und regelmäßig von obersten Gerichten entschieden werden. PUNKT!
Aber darüber hinaus: Bei jetzt null Energie aus Russland, egal ob als weitere Sanktion oder von Putin als Gegenreaktion, sehe ich gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Verwerfungen auf uns zukommen. Das müssen wir dann aushalten – und damit meine ich, dass wir dann sehr auf unseren sozialen Frieden achten müssen.
Ich bin vorhin an unserer Scharbeutzer Shell-Tanke vorbei gefahren und da kostete der Liter Diesel 2,23€. Benzin 2,16€. Wir alle werden wohl auch erheblich Heizkosten nachzahlen müssen. Das trifft in erster Linie die Sozialschwachen und denen muss beigestanden werden.
Frau P. ist bspw. froh, jetzt nicht mehr jeden Tag 20 km zur Arbeit fahren zu müssen, 40 km am Tag.
Noch ein Punkt, den ich fix loswerden möchte: Wie ist es um unsere kritische Infrastruktur bestellt? Wie sicher ist die IT? Du weißt was ich meine, wir haben darüber gesprochen.
So, ich habe fertig, Kaffeepott leer 😉
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Wenn unsere IT-Infrastruktur ausfallen sollte, dann hat sich das mit dem Gas auch erledigt. Male den Teufel nicht an die Wand.
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