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Tod durch Luftverschmutzung …?

23. Februar 2018

Gestern, Donnerstag, wollte das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, ob Fahrverbote für Diesel-PKW rechtens sind. Darauf hofft die Deutsche Umwelthilfe: Zu lange habe der Staat darauf verzichtet, bestehende Regeln durchzusetzen. Zur Begründung seiner Forderung berichtet der Schutzverband über „13.000 Tote durch Luftverschmutzung“ allein durch Stickoxide in Deutschland.

UmweltzoneDas Bundesverwaltungsgericht hat gestern nichts entschieden und sich auf kommenden Dienstag vertagt. Zu komplex sei das Thema, es gilt viele Güter gegeneinander abzuwägen. Nach Medienberichten gab es aus der Richterschaft auch mehr oder weniger versteckte Rügen an die Bundesregierung, die das Thema längst hätte regeln können, bspw. durch die Einführung einer blauen Plakette.

Warum auch nicht? Es gibt heute schon Umweltzonen, in der nicht alle Fahrzeuge fahren dürfen. Nur viele, die mit einer grünen Plakette rein dürfen, haben sich nach dem Diesel-Skandal als besonders unsauber Stinker erwiesen.

Zurück zum Thema. Wenn ich solch Zahlen wie oben lese oder höre, bin ich naturgemäß skeptisch und versuche sie zu hinterfragen. In keinem Totenschein wird „verstorben durch Luftverschmutzung“ als Todesursache stehen. Also gibt es auch keine Statistiken, das können nur Schätzungen bzw. Rechenmodelle sein.

Europäische-Umweltagentur-Logo

Alle genannten Zahlen stammen von der Europäischen Umweltagentur. Ihre Aufgabe ist es, sachdienliche Informationen und Daten im Bereich der Umwelt zu liefern. Ich habe mir den letzten Bericht angesehen. Da stehen viele Zahlen drin und die haben nicht nur etwas mit den Stickoxiden zu tun.

In Kurzform: Die Luftqualität wird zwar besser, aber die Belastungen sind noch zu hoch. Allein an den Folgen durch Feinstaubbelastungen in der Atemluft sterben in der EU jährlich ~ 399.000 Menschen vorzeitig, davon ~ 66.000 in Deutschland. Zu hohe Stickstoffdioxid-Konzentrationen werden mit ~ 75.000 vorzeitigen Todesfällen in Verbindung gebracht, davon ~ 13.000 in Deutschland. Aber auch das steht in dem Bericht, als Background information on health estimates, hier frei und verkürzt übersetzt: Die vorzeitige Sterblichkeit ist eine statistische Größe, die verlorene Lebensjahre aufgrund vermeidbarer Gesundheitsgefahren berechnet. Die genannten jährlichen Zahlen bei den Todesfällen beziehen sich auf Rechenmodelle.

Ach so. Die Menschen sterben nicht durch …, sondern vorzeitig an den Folgen von …! Jetzt verstehe ich den Satiriker Dieter Nuhr, der das sinngemäß so ausgedrückt hat: Das ist der Unterschied, ob jemand fünf vor oder fünf nach zwölf verstirbt. Auf diese Art lässt sich natürlich alles berechnen. Um im Bilde zu bleiben: Wenn ein stressgeplagter Mensch nach der Arbeit zuhause nur rauchenderweise, alkoholtrinkend und fastfoodfutternd auf dem Sofa hockt – und dazu noch an einer viel befahrenen Straße in einer Großstadt wohnt, dann verstirbt dieser Mensch nicht fünf nach zwölf, sondern Viertel vor. Das ist dann die vorzeitige Sterblichkeit aufgrund vermeidbarer Gesundheitsgefahren im Extremfall.

Selbstverständlich bin ich für saubere Luft und die Lebenszeit der Menschen sollte nicht durch vermeidbare Gesundheitsgefahren verkürzt werden. Aber alle Zahlen sind relativ und sollten nicht sinnverkürzend auf populistische Weise interpretiert werden. Zum Vergleich: 121.000 Menschen in Deutschland starben 2013 an den Folgen des Rauchens. Noch eins: Jeder Autofahrer darf sich überlegen, wie viel Auto mit wie viel PS er wirklich braucht. Weniger ist oft mehr, nämlicher weniger Auto mit weniger PS und mehr saubere Luft. Wer wissen möchte, wie dick die Luft in seiner Stadt ist, der kann im European Air Quality Index (-> KLICK)  nachsehen:

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5 Kommentare leave one →
  1. Albert permalink
    23. Februar 2018 19:22

    Meine Frau hat mir heute eine Meldung vorgelesen, die ungefähr so lautete: Frauen, die regelmäßig putzen und dabei chemische Reinigungsmittel benutzen, schaden ihrer Lunge genauso wie eine jahrelange Raucherin mit 20 Zigaretten am Tag. Das zeigt angeblich eine aktuelle Studie.
    Ich frage mich, was eigentlich nicht gesundheitsschädlich ist? Wenn man will, kann man in jeder Suppe ein Haar finden.
    A.

    Gefällt 1 Person

    • 6. März 2018 21:25

      Danke für den Hinweis. Selbst wenn mein Zigarettenkonsum wesentlich geringer ist als die genannten 20 am Tag, werde ich nur noch mit Wasser putzen und auf chemische Mittel verzichten 😉
      Grüße

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