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„Qualitätspresse“ und der Euro6-Diesel

6. März 2018

Ich mache keinen Hehl daraus, dass mich das Thema Euro6-Diesel nun mehr interessiert, seitdem ich einen fahre. Aber bei allen Diskussionen wünsche ich mir, dass man bei den Fakten bleibt und nicht ständig eine neue Sau durch Dorf treibt. Und ich erinnere mich an einen Bericht von vor einigen Tagen, in dem jemand erklärt, warum er sein SPIEGEL- und sein FAZ-Abo gekündigt hat, und warum er zwar nicht von „Lügenpresse“ spricht, aber die „Qualitätspresse“ nur noch als „so genannte“ in Anführungsstrichen bezeichnet.

Heute schreibt SPON: „Warum Fahrverbote auch für neue Diesel sinnvoll sind“
Ich wollte den Artikel erst gar nicht lesen, stolpere aber über die Grafik:

Diesel-Bestand-Euro-SPON-2018-01-b600

Über 6 Mio. Euro6-Diesel in Deutschland, mehr als Euro5? Im Artikel ist dann auch von 6,1 Mio. die Rede. Und weil das so viele sind, sollten die auch mit Fahrverboten belegt werden – so der Tenor. An dieser Stelle muss ich anfügen, dass ich die Grafik durch die grünen Striche verändert habe. Denn tatsächlich sind in Deutschland weniger als 2,7 Mio. Euro6-Diesel zugelassen:

Diesel-Bestand-Euro-Tagesschau-2017-08b600

SPON wie auch die Tagesschau geben das KBA als Quelle an. Wer hat nun Recht? Ich habe nachgesehen. Die SPON-Grafik stimmt nicht, es werden Gesamtzahlen (Benziner und Diesel) mit reinen Diesel-Zahlen vermischt. Die richtigen Zahlen lassen den SPON-Artikel dann auch in einem anderen Licht erscheinen, wenngleich die Problematik mit den aktuellen Stickoxiden dieselbe bleibt. Fakt ist, dass in der Gesamtheit knapp 2,7 Mio. Euro6-Diesel weniger NOx ausstoßen, als rund 3,5 Mio. Euro4-Diesel, von den 5,9 Mio. Euro5-Diesel ganz zu schweigen. Von einem Schreiber der „Qualitätspresse“ erwarte ich, dass er Statistiken richtig lesen kann und die richtigen Schlüsse daraus zieht. Wenigstens beim Blick auf den Treibhauseffekt lag er nicht falsch: „Die neuen Dieselmotoren wurden auf einen geringeren CO2-Ausstoß getrimmt, da der eine zentrale Rolle beim Treibhauseffekt spielt, anders als Stickoxide, die zu gesundheitlichen Schäden führen.“ Ich sag‘ mal …: „Wenn jetzt noch die Stickoxide aus den Abgasen gefiltert werden, was technisch möglich ist, ist der Diesel kein schlechter Motor: Er hat einen Verbrauchsvorteil gegenüber einem vergleichbaren Benziner und da der CO2-Ausstoß an den Verbrauch gekoppelt ist, bleibt beim Diesel wegen der effizienteren Verbrennung ein CO2-Vorteil von bis zu 15 Prozent.“

Nachtrag, Mail am 07.03.2018:
… Sie haben selbstverständlich recht, bei der Zahl der Diesel-Pkw mit Euro 6 ist mir leider, trotz mehrfacher Prüfung, ein Fehler unterlaufen. Dieser Fehler wurde im Text und der Grafik korrigiert.
Mit freundlichen Grüßen, Emil Nefzger, Redakteur Auto

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11 Kommentare leave one →
  1. 6. März 2018 19:08

    Stimmt. Emil Nefzger von Spiegel-Online hat bei den Euro-6-Fahrzeugen alle Pkw genommen, auch die Benziner, statt nur die Diesel. Weil die weniger als die Hälfte ausmachen, stellt das natürlich seine Kernaussage in Frage.
    Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass auch die Euro-6-Diesel die NOx-Grenzwerte im Realbetrieb um ein Vielfaches übersteigen und bisher lediglich die neuen Euro-6d-Motoren als „sauber“ gelten.
    Außerdem erwarte ich, dass die Euro-5-Dieselmotoren auf Kosten der Hersteller umgerüstet werden. Denn während die Euro-4-Diesel-Pkw nach und nach aus Altersgründen aus dem Verkehr verschwinden werden, werden uns die Euro-5-Diesel-Pkw als Hauptverursacher der Stickoxidbelastungen noch lange erhalten bleiben.

    Gefällt 2 Personen

    • 6. März 2018 22:15

      Danke dass du meinen gefundenen Fehler im SPON-Artikel bestätigst 😉
      Nachrüstung der Euro5-Diesel ja, meinetwegen auch auf Kosten der Hersteller. Nur ist das nach meinem technischen Verständnis zurzeit mehr eine plakative Forderung, die macht sich bei 5,9 Euro5-Dieselbesitzern natürlich gut, als das sie tatsächlich schnell umsetzbar wäre. Eine Hardware-Nachrüstung hat für mich noch zu viele Unbekannte, die für mich in der ganzen Diskussion zu kurz kommen:
      – Technische Probleme, bisher wurden lediglich Prototypen getestet.
      – Rechtliche Probleme, Stichwort Typzulassung, Gewährleistung.
      – Finanzielle Probleme, wer zahlt was?
      – Ökonomische Probleme, ein Großteil der Diesel sind Dienst- / Flottenfahrzeuge ….
      Nachrüstung ist zwar schnell gefordert, aber nicht so schnell gemacht wie gesagt.
      Das wollte ich nur mal erwähnt haben 😉
      Auch das noch: Wir sollten nicht nur über die Stickoxide der Diesel reden, sondern gleichermaßen über die Feinstäube aller Emittenten. Die sind wahrscheinlich eher gesundheitsschädlich ….
      Grüße

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  2. giskoe permalink
    7. März 2018 08:00

    Lasst euch doch nicht so verarschen: Solange F-16, Tornados, Eurofighter stundenlang sinnlos in deutschem Luftraum herumkreisen, Luftbetankungen üben – wie steht das an jeder Tankstelle: Tropfmengen sind sofort aufzunehmen, schlecht gewartete Ziviljets kurz nach dem Start tonnenweise Kerosin über besiedelten und auch Naturschutzgebieten ablassen dürfen, würde ich diese ganze „Diesel-Diskussion“ ignorieren. Ihr macht euch nur selbst verrückt!
    Nur ein Ausschnitt von gester: http://fluglaerm-kl.de/aktuelles_einzeln.php?artikel=201803062400

    Gefällt 1 Person

    • 7. März 2018 08:17

      Moin. Stimmt. Oder die großen Pötte, die bei uns in den Häfen tonnenweise Feinstaub in die Luft blasen, weil es keine vernünftige Regelung gibt, die Schiffe landseitig mit Energie zu versorgen.
      Beispiel: Wenn ich mit der Color Line nach Oslo fahre, wird das Schiff dort vom Land aus mit Strom versorgt, alle Motoren stehen still. Und in Kiel? Ha ha. Dafür reißt Kiel immer wieder die Feinstaub-Belastungsgrenzen.
      Mit dem Beitrag oben will ich nur auf die mangelnde Qualität mancher Presseartikel hinweisen. Zu oft habe ich das Gefühl, dass Quantität vor Qualität geht.
      Grüße

      Gefällt 1 Person

      • giskoe permalink
        7. März 2018 08:19

        So ist es: Die Presse macht den Kleinen runter und schützt die Großanleger 😦

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      • 7. März 2018 08:25

        Oh ja, die Medien als „Vierte Gewalt“ im Staate. Manchmal darf man sich fragen, ob die immer so unabhängig sind, wie sie vorgeben. Oder sein möchten.

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      • giskoe permalink
        7. März 2018 08:28

        Wenn sich Presse Qualitätsmedium nennt: Warum sinken dann die Auflagen? 🙂

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      • 7. März 2018 08:31

        Na ja, weil die sich zwar so nennen, denen das aber immer weniger geglaubt wird. Das wäre doch eine mögliche Antwort, oder?

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  3. giskoe permalink
    7. März 2018 09:09

    Also von unabhängig und Qualität wollen wir dann mal lieber nicht mehr sprechen:
    https://de.sputniknews.com/gesellschaft/20180306319827373-wem-gehoeren-deutsche-medien-springer-bertelsmann-burda/

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