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Moin 2019 (Goethes Zauberlehrling)

1. Januar 2019

[651] TASH (1b)

Ich wünsche uns allen ein gutes und vor allem friedliches Neues Jahr – und werbe für mehr Optimismus!

Nach meinen letzten (Jahres)-Ende-Bildern hat sich am grau-trüben Wetter nichts geändert und glauben wir dem ein oder anderen Bericht, ist die Stimmungslage in Deutschland genauso wie das Wetter. Das bringt mich ins Grübeln.

Der Verstand sagt uns, dass wir besseres Wetter – was auch immer jeder darunter verstehen mag – nicht erzwingen können. Optimismus leider auch nicht. Aber das hat weniger etwas mit dem Verstand zu tun. Im Gegenteil. Das erinnert mich sehr an Goethes Zauberlehrling:

Herr und Meister! Hör mich rufen! …
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.

Goethe hat seine Ballade vor über 200 Jahren geschrieben. Vielleicht würde er heutzutage über den Zeitgeist schreiben. Und aus der Unmenge Wasser, welches der Stößel ins Haus trug, würde eine Flut an Informationen, mit denen uns die (sozialen) Medien überschwemmen. Wer weiß?

Bei Goethe errettet am Ende der alte Hexenmeister den Zauberlehrling aus dem selbst aus Mangel an den nötigen Fähigkeiten herbeigeführten Chaos. Nur im realen Leben gibt es keine alten Hexenmeister! Uns bleibt nur der gesunde Menschenverstand – sprich die natürliche statt der künstlichen Intelligenz. Gebrauchen wir unsere grauen Zellen und vor allem machen wir uns dabei ehrlich und beflunkern uns nicht selbst.

Der Zeitgeist kann ein gefährlicher Betrüger sein!

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Wenn ich aktuell lese, nicht nur in der MoPo, dass die Stimmung in Deutschland so schlecht ist wie lange nicht, dann klingt das wie Pessimismus pur – Optimismus Fehlanzeige. Aber warum?

Fühlen wir uns besser, wenn wir uns schlecht fühlen, weil wir glauben, dass wir uns schlecht fühlen, wenn wir uns gut fühlen? Wie widersinnig ist das denn? Oder ist das typisch deutsch? Oder dem Zeitgeist geschuldet? Ich weiß es nicht. Der Publizist Johannes Gross schrieb schon vor fast 50 Jahren: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein übel gelauntes Land, aber ihre Einwohner sind glücklich und zufrieden.“

Der Zeitgeist ist allerdings keine Neuerscheinung. Der ist so alt wie die Zeit selbst und gilt als die Mutter aller Geister. Schon immer hat er unter Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhalten. Die Geschichtsbücher beweisen, dass der Zeitgeist ein gefährlicher Betrüger sein kann. Kann, nicht ist. Zur Wahrheit gehört auch, dass er uns ebenso oft eine Richtung gewiesen hat, die es besser war zu gehen, als auf dem alten Pfad zu bleiben.

Es ist für mich ein Paradoxon, dass zwischen den öffentlichen Äußerungen und der tatsächlichen persönlichen Lebenslage offensichtlich Welten liegen. Ich habe noch nie solch eine aggressive Sprache mit Angriffen auf die demokratischen Institutionen erlebt wie in den letzten Jahren. Hass, Hetze, Fakes, Spott und Häme gehören zum Alltag in den sozialen Medien und sind bisweilen auch in den Kommentaren der Nachrichtenportale zu finden, falls sie nicht in den Redaktionen raus gefiltert werden. Diese treiben allerdings im Wettstreit um uns Leser auch jede mediale Sau durchs Dorf und neigen dabei zur Dramatisierung: Bad news are good news. In der Folge kippt die Stimmung und nimmt mitunter hysterische Züge an!

Seien wir doch mal ehrlich: Leben wir nicht in einem Europa, dass noch nie so humanistisch, friedlich, frei und wirtschaftlich stark war wie es heute ist? Sollten wir nicht stolz auf das Erreichte sein und versuchen das Gute noch zu verbessern, statt es populistisch zu vergrämen? Anders als der Zauberlehrling haben wir die Fähigkeiten dazu – wir müssen sie nur nutzen. Zur Ehrlichkeit gehört ebenso, dass unser Staat keine Vollkaskoversicherung ohne Eigenbeteiligung ist und nicht alle alles gerecht empfinden können. Gerechtigkeit ist meist das persönliche Empfinden und deshalb gilt es Kompromisse zu finden. Eine so vielfältige Gesellschaft wie die unsere funktioniert nur so – und mit der nötigen Portion Toleranz. Die Welt ist weder schwarz noch weiß, sondern die Realität ist grau. Auch das gehört zur Wahrheit: „Für alle Herausforderungen gibt es einfache Antworten, nur haben diese wiederum ein Problem, sie würden nie wirklich funktionieren.“ (Norbert Lammert, ehemaliger Bundestagspräsident). Wozu also die viele Aufregung? Ist die nötig? Nein! Sollten wir nicht lieber optimistisch ins neue Jahr blicken? Ich meine ja! – und machen wir das Beste draus!

[651] 140607-080-Fehmarn-Steinmann-Toleranz

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19 Kommentare leave one →
  1. 1. Januar 2019 07:49

    Wahre Worte die ich am heutigen Neujahrsmorgen sehr genossen habe. Ich wünsche unbekannterweise ebenfalls ein gutes neues, gesundes und optimistisches Jahr 2019.

    Gefällt 2 Personen

    • 3. Januar 2019 09:56

      Moin. Danke für die Blumen 😉 Ich wünsche unbekannterweise auch alles Gute für 2019!
      Grüße von der Ostsee

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  2. 1. Januar 2019 13:15

    Dann sage ich Moin Moin zur Begrüßung im neuen Jahr, lieber Sven.
    Wenn nicht so viele Deutsche ständig und immer Angst hätten, dass sie was verpassen könnten und dass ihnen von anderen ständig was weggenommen wird, was sie eigentlich überhaupt nicht brauchen – vielleicht würde dann die allgemeine Lage und Stimmung wieder besser werden, denn auch ich bin der Auffassung, dass nur ganz, ganz wenige in unserem Land Grund haben, wirklich zu klagen (damit meine ich keine gesundheitlichen Klagen, denn die können schon sehr berechtigt sein).
    Und tschüss!

    Gefällt 1 Person

    • 3. Januar 2019 09:57

      Moin Clara. Du hast wahre Worte gelassen ausgesprochen – äh, geschrieben 😉
      Dir alles Gute für 2019 und viele Grüße aus Scharbeutz!

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  3. 1. Januar 2019 14:54

    Das Wort zum Neujahrstag. Dem kann ich eigentlich nur zustimmen. Alles Gute, Eberhard

    Gefällt 1 Person

  4. 5. Januar 2019 11:13

    Entschuldigen wir nicht mittlerweile alles mit dem „Zeitgeist“? Nicht ohne Grund gehört die Aussage „das ist dem Zeitgeist geschuldet“ zu dem Bestand der geflügelten Worte. Fraglich ist, ob wir dem immer folgen müssen? Es geht auch ohne Social Medias und mein altes Handy erfüllt zum Telefonieren immer noch den Anforderungen. Ich benötige kein neues, teures Smartphone mit all diesen Apps, ohne die wir noch vor Jahren auch klaglos auskamen. Daß ich mich heute nach vielen Monaten mal wieder hier angemeldet habe, ist nur der Langeweile, aber nicht dem Zeitgeist geschuldet. 👅

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